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NDR Kultur, 05.07.2010 |
von Dagmar Penzlin |
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Richard Wagner: Lohengrin
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auch als
Audio auf der Webseite des NDR
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Das
Herz von Wagnerianern schlägt bald höher - egal, ob sie Eintrittskarten
ergattern konnten oder nicht: Denn auch in den Feuilletons und auch auf
NDR Kultur sind die Bayreuther Festspiele eines der Top-Themen. NDR
Kultur sendet live und bietet Live-Aufzeichnungen im Rahmen des ARD
Radiofestivals. Mit großer Spannung wird zum Auftakt am 25. Juli die
Neuinszenierung von Richard Wagners "Lohengrin" erwartet; die
Titelpartie singt der deutsche Star-Tenor Jonas Kaufmann. Wer sich schon
einstimmen möchte - Decca und Unitel Classica haben die viel beachtete
Münchner "Lohengrin"-Produktion vom vergangenen Jahr nun auf DVD
herausgebracht.
Traumhaft besetzt
Lohengrin hat nur Augen für Elsa. Die Tochter des gestorbenen Herrschers
von Brabant wird beschuldigt, ihren Bruder ermordet zu haben. Lohengrin
ist vom Gral gesandt, um sie zu verteidigen. In der Münchner
Inszenierung tritt Lohengrin leger mit himmelblauem T-Shirt auf, im Arm
einen Schwan. Und schnell ist klar: Zwischen ihm und Elsa brodelt echte
Liebe.
Jonas Kaufmann als Lohengrin und Anja Harteros als Elsa lassen keine
Wünsche offen: Musikalisch wie darstellerisch ist es eine
Traumbesetzung. Der Tenor von Kaufmann schimmert edel: Seinem Lohengrin
hört man die besonderen Kräfte geradezu an, über die er als Sohn des
Gralskönigs Parzival verfügt. Kaufmann lässt seine kraftvolle Stimme
frei strömen. Alles ist möglich: heroische Attacke ebenso wie leise
Schmelz-Töne. Auch Harteros zeichnet ein vielschichtiges Porträt ihrer
Figur und lässt mit ihrem leuchtenden Sopran Elsa jubeln, träumen,
verzweifeln. Und sehr erfreulichist, dass man jedes Wort versteht.
Einer der Höhepunkte ist das große Liebesduett im dritten Akt. Selten
glüht Wagner-Gesang so intensiv.
Überzeugend inszeniert
Die Fachzeitschrift "Opernwelt" kürte Kaufmann und Harteros zum Sänger
beziehungsweise zur Sängerin des Jahres 2009 aufgrund dieser
Neuproduktion der Bayerischen Staatsoper. Es ist eine insgesamt
musikalisch überzeugende Aufführung mit Kent Nagano am Pult. Der
Regisseur Richard Jones siedelt die Handlung auf einer Baustelle an:
Elsa, die Architektin, plant ein Haus, und alle packen mit an beim
Hausbau - auch Lohengrin. Das Konzept wird noch zusätzlich aufgeladen
mit Brückenschlägen zu Wagners Biografie.
Im Gedächtnis bleibt aber vor allem, wie Jones das Aufblühen und
Scheitern der Liebesbeziehung psychologisch fein inszeniert hat. Die
DVD-Produktion zeigt in Nahaufnahmen, wie Elsa und Lohengrin die Tränen
in den Augen stehen, als sie sich trennen müssen. Überhaupt
experimentiert DVD-Regisseurin Karina Fibich mit Perspektiven. Manche
Szenen wirken wie mit Handkamera gedreht: fast schon dokumentarisch,
manchmal auch durch ihren intimen Charakter wie ein Kammerspiel. Am Ende
schließlich erlebt man den Schlussapplaus aus Hinterbühnen-Sicht.
Locker lehnt Kaufmann in den Kulissen, bevor er nach vorne geht und sich
feiern lässt - zu Recht. Sein hier dokumentiertes Lohengrin-Debüt
empfiehlt ihn zweifellos als herausragenden Wagner-Tenor. |
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