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Opernwelt, April 2012 |
Ekkehard Pluta |
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Aus dem Geist der Musik
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Beethovens Fidelio unter Claudio Abbado
auf CD |
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Kurz
vor seinem 75. Geburtstag wagte sich Claudio Abbado zum ersten Mal an
Beethovens «Fidelio». Die Aufführung, im Frühjahr 2008 nacheinander in
Reggio Emilia, BadenBaden, Madrid, Ferrara und Modena gezeigt, wurde von
den angereisten Kritikern als musikalische Offenbarung empfunden. Zwei
Jahre später nahm sich der Dirigent das Werk beim Lucerne Festival noch
einmal vor, diesmal in einer konzertanten Version, für die sich die
Regisseurin Tatjana Gürbaca neue Texte und einige szenische Arrangements
ausgedacht hatte. Auf dieser Luzerner Aufführung basiert die Aufnahme
der Decca, in der die gesprochenen Dialoge allerdings auf ein Mindestmaß
reduziert wurden.
Abbado entwickelt das Drama ganz aus dem Geiste
der Musik. Nicht romantischer Impetus, sondern klassische Klarheit
bestimmt sein Beethoven-Bild. Dabei macht er sich die Errungenschaften
der historischen Aufführungspraxis zunutze und erreicht mit dem Lucerne
Festival Orchestra und dem Mahler Chamber Orchestra einen transparenten,
vibratoarmen Klang, der viele instrumentale Nuancen ans Licht bringt,
die bisher kaum wahrgenommen wurden. Über weite Strecken, etwa im
Gefangenenchor, der pianissimo ansetzt und ebenso wieder verebbt, oder
in der Kerkerszene, die mit subtilen Orchesterakzenten überrascht, hört
man die Oper wie zum ersten Mal. Durch die ruhige, kontemplative Haltung
des Dirigenten, die Musik organisch sich aus sich selbst heraus
entwickeln zu lassen, sich als Interpret nicht in den Vordergrund zu
rücken, ist hier ein «Fidelio» von selten erlebter Geschlossenheit
entstanden, der durch die exzellenten Leistungen des Orchesters und des
Arnold Schönberg Chors einen ersten Platz in der jüngeren Diskografie
des Werks beanspruchen kann.
Die Sänger - und das ist das Beste,
was sich über sie sagen lässt - fügen sich zuchtvoll in Abbados
Konzeption ein, die ihnen jede außermusikalische Expressivität
untersagt. Am überzeugendsten gelingt das dem für die Rolle des Rocco im
Grunde zu jungen Christof Fischesser, der Marzelline Rachel Harnischs
und dem Minister Peter Matteis. Nina Stemme hat, seit sie in
hochdramatisches Terrain vorgestoßen ist, viel vom jugendlichen Glanz
ihrer Stimme eingebüßt, bleibt in der sprachlichen Artikulation im
Ungefähren. Jonas Kaufmann dringt als Florestan zwar nicht «in die Tiefe
des Herzens», gestaltet den Part aber sehr musikalisch und mit einigen
Zwischentönen. Falk Struckmann als Pizarro und Christoph Strehl als
Jaquino ergänzen das Ensemble solide. |
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