Ostthüringer Zeitung, 15.03.2015
Joachim Lange
 
Jonas Kaufmann: Ein Opern-Star lustwandelt im Operettenwunderland
Tenor-Sonnyboy Jonas Kaufmann fasziniert mit seiner CD „Du bist die Welt für mich“.
 
Auf dem CD-Cover steht Jonas Kaufmann im weißen Hemd mit Weste vor einem altmodischen Stand-Mikrophon. Er blickt verführerisch ins imaginäre Publikum. Und neben dem Namen des deutschen Tenor-Sonnyboys steht „Du bist die Welt für mich“. Was durchaus mit PR-Gespür im übertragenen Wortsinn die Musik- und Kaufmannfans genauso wie die potenziellen CD-Käufer meint.

Doch „Du bist die Welt für mich“ ist der dritte von sechzehn Titeln, mit denen Jonas Kaufmann, etwas abseits von seiner Wagner-, Verdi- und überhaupt Erfolgsstraße für Tenöre der Extraklasse wandelt. Richard Taubers Hit findet sich unter einem Reigen der mit Franz Lehárs „Gern hab’ ich die Frau’n geküsst“ aus dessen Operette „Paganini“ beginnt, noch drei weitere Lehár -Titel („Hab’ ein blaues Himmelbett“ aus „Fransquita“, „Dein ist mein ganzes Herz!“ aus dem „Land des Lächelns“ und „Freunde, das Leben ist lebenswert“ aus „Giuditta“) bietet.

Natürlich sind auch andere Operettengrößen wie Emmerich Kálmán mit „Grüß mir mein Wien“ („Gräfin Mariza“), Paul Abraham mit „Reich mir zum Abschied noch einmal die Hände“ („Viktoria und ihr Husar“) und „Diwanpüppchen“ („Die Blume von Hawaii“), Ralph Benatzky mit „Es muss was Wunderbares sein“ („Im Weißen Rössl“) und Eduard Künneke mit dem „Lied vom Leben des Schenk“ vertreten. Ergänzt wird diese unterhaltsame Mischung des Operetten-Schwelgens durch Titel von Werner Richard Heymann, Hans May, Robert Stolz und Mischa Spoliansky.

Ein Schmankerl, das etwas aus der Reihe fällt, aber doch auch passt, ist ein Opernhit von Erich Wolfgang Korngold, das „Glück, das mir verblieb“ aus dessen in letzter Zeit immer mal wieder auf der Bühne zu erlebenden Oper „Die tote Stadt“. Es gehört zum Statement, der von Kaufmann vorgenommenen Auswahl, dass alle Titel aus der Zeit zwischen 1925 und 1935 stammen.

Jonas Kaufmann belegt mit seiner hinreißenden Aufnahme, bei der ihn das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin unter der Leitung von Jochen Rieder begleitet, wieder mal, dass Totgesagte wie die Operette länger leben. Vor allem dann, wenn sie auf dem besten denkbaren Niveau gesungen wird. Da ist Kaufmann, dem italienisches Schmettern genauso spielerisch zu Gebote steht wie der Lohengrin-Silberglanz oder die Melancholie Schuberts der Richtige. Mit dieser CD belegt er zudem, wie elegant er Exzellenz mit Vielseitigkeit verbindet.

Wenn man historische Vergleiche bemüht, fällt unweigerlich der Name von Fritz Wunderlich, der nach seinem plötzlichen Tod 1966 keinen echten Nachfolger gefunden hat. Kaufmann ist genauso souverän und sinnlich bei dem Leichten, das bekanntlich so schwer ist. Bei ihm klingen die Ohrwürmer, die auch jeder Operetten-Muffel oder -Verächter zumindest schon mal gehört hat, wie neu. Auch, weil sie ohne jenes Schmachten auskommen, das sich dieser Sänger gelegentlich leistet.

Bei der Titelzusammenstellung ging es weniger ums Wienerische, als vielmehr um den Berliner Drive der Goldenen Zwanziger, den Intendant Barrie Kosky gerade so erfolgreich an der Komischen Oper Berlin neu belebt. Und dafür ist der Mann, der bei den Männern so was wie Anna Netrebko bei den Frauen ist, genau der richtige Anwalt. Sein gesungenes Plädoyer bietet die pure Unterhaltung – mit Suchtgefahr.









 
 
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