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Deutschlandradio Kultur, 22.09.2014 |
Von Claudia Dasche |
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Hits aus der Vorkriegszeit in neuem Gewand |
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"Du bist die Welt für mich": Jonas Kaufmann singt Melodien aus den 20ern und 30ern |
Ob
als Opernsänger oder Liedinterpret - Jonas Kaufmann erreicht ein
Millionenpublikum. Er verzaubert mit tenoraler Strahlkraft und
unwiderstehlichem Charme. Und beides hat er auch für seine neue
CD-Einspielung eingesetzt - Evergreens, die große Kollegen vor
ihm berühmt gemacht haben.
"Ein Lied geht um die Welt..."
- Zum ersten Mal hörte sie das Kinopublikum am 9.Mai 1933 bei
der gleichnamigen Filmpremiere im Berliner UFA-Palast am Zoo;
und mit dem berühmten Tenor Joseph Schmidt in der Rolle des
Ricardo ging sie dann um die ganze Welt.
"...das Lied
bleibt in Ewigkeit!" - Der Verfasser Hans May sollte also Recht
behalten, genauso wie viele seiner Kollegen aus der
Unterhaltungsindustrie von Film und Operette – darunter Franz
Lehar, Eduard Künneke, Paul Abraham mit Hits wie "Freunde, das
Leben ist lebenswert", "Diwanpüppchen", "Du bist die Welt für
mich". Und genau diese Welt der Berlin-Metropole in den
Mitt-1920er- und 1930er-Jahren hat nun auch der derzeit
umjubeltste Alfredo, Lohengrin oder Tamino – Jonas Kaufmann -
für sich entdeckt:
"Da ist eine Melodie schöner als die
andere. Da ist ein Stück mit mehr Lebensfreude als das nächste.
Und diese Melodien einfach wirklich mit der Stimme zu spielen
bis zum feinsten, weichsten Piano und dann wieder aufzumachen
und ein paar große Töne zum besten zu geben - da ist wirklich
alles drin und das auf engstem Raum. Und das hat mich neugierig
gemacht, einfach zu machen, in welchem Zusammenhang steht das,
warum hat man in dieser Zeit so geschrieben und da gibt es also
eine Nummer mit - soweit ich weiß - nur einer Einspielung davon:
das Original von Helge Rosvaenge, sonst hat sich offensichtlich
noch kein Tenor dran gewagt, denn es ist wirklich eine Tour de
Force, es gibt viele tiefe Stellen, es gibt sehr viel
Dramatisches, dann kommt ein hohes C am Schluss und auch die
Vorbereitung dazu ist nicht gerade ein Spaziergang."
Klar, aber so ein Spaziergang mit Eduard Künnekes "großer
Sünderin" ist ja Kaufmanns täglich Brot, das er von jeder neu
einzustudierenden Opernpartie her kennt und, sei es noch so
hart, bisher immer als äußerst erlesene Canapès serviert hat .
Daran besteht kein Zweifel, genauso wenig, dass er, Stolz jedes
Tenors, eben erwähntes hohe C vermasseln könnte. Viel Zweifel
- aber alle unbegründet
Nein, meine Zweifel lagen
woanders, als ich von seinem neuen CD-Projekt erfahren und dann
nur mal flüchtig reingehört habe. Erstens, weil diese Welthits
mit so einzigartigen Tenören, Künstlern ihrer Zeit, wie Schmidt,
Tauber, Kipura, untrennbar verbunden bleiben; und stimmlich zu
toppen geht sowieso nicht.
Zweitens, weil sich's einst
tenorale Strahlemänner im verdienten Ruhestand ausgerechnet mit
diesem Repertoire wohl noch mal beweisen wollten; ging auch
nicht. Und, drittens, der Irrglaube vor allem klassisch
ausgebildeter Starsänger heute, allein mit Stimme jedes Genre
bereichern zu können, eher Peinlichkeiten produziert: "Frag
nicht, warum ich gehe".
Aber nichts von alldem; meine
Skepsis war völlig unbegründet. Jonas Kaufmann erweckt die
Operetten- und Tonfilm-Hits des sogenannten "Goldenen
Zeitalters", dieses spannenden Kapitels deutscher Musik -und
Kulturgeschichte, wieder neu; weder als purer Imitator noch als
selbstverliebter Belami-Schmalzer.
Mit stimmlich enormer
Bandbreite, mit Stil und feinem Gespür auch für alle
Zwischentöne der Lieder, die nach der Machtergreifung der Nazis
auf den Index gesetzt wurden und ihre jüdischen Komponisten wie
Interpreten in die Emigration zwangen - Lieder im Spannungsfeld
zwischen Vergnügen und Verfolgung, Glamour und Gewalt, Euphorie
und Entsetzen.
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