Salzburger Nachrichten, 04.09.2012
SN - hb
 
Im leichten Ton einer Opéra comique
"Carmen" als luxuriöse Operngesamtaufnahme aus Berlin
 
Was zu Karajans Zeiten gang und gäbe war, ist heute Luxus: eine Operngesamtaufnahme unter Studiobedingungen. Zum Jubiläum des zehnjährigen „Zusammenspiels“ von Sir Simon Rattle und den Berliner Philharmonikern trat dieser Ausnahmefall ein, und so wurde im April 2012, nach den Osterfestspielen in Salzburg und rund um konzertante Aufführungen in der Berliner Philharmonie, Bizets „Carmen“ mit der „Premierenbesetzung“ aufgenommen: Magdalena Kozena als Carmen, Jonas Kaufmann als Don José, Genia Kühmeier als Micaela, Kostas Smoriginas als Escamillo. Was auf der Bühne Skepsis, Zurückhaltung, ja Befremden ausgelöst hat, entfaltet im Hördokument zwar nicht das pure Feuer der Leidenschaft, die heiße Imagination, die mit dieser Oper verbunden ist, aber doch ein differenzierteres „Sittenbild“ einer im Grunde leichtfüßigen Opéra comique. Das Singen sprechend, das Sprechen singend zu machen, Formen wie Chanson und Couplet zu betonen: Das war Rattles Bestreben. Auf den zwei CDs kann man das Gefühl besser nachvollziehen als unter Bühnengesetzen. Die Berliner spielen mit delikatem Gusto und Eloquenz und aquarellieren die Musik in feinen französischen Farben, Magdalena Kozena bildet ein ungewöhnlich gegenläufiges, neutrales, kein „rassiges“ Carmen-Bild ab, mehr kühl kalkuliert als prall verführerisch, bleibt aber in der Ausstrahlung des schillernden Charakters der Partie immer noch zu viel schuldig. Kaufmann und Kühmeier sind Traumbesetzungen, Smoriginas auch auf CD überfordert. (EMI)




 
 






 
 
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