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Stereoplay, 20.01.09 |
Miquel Cabruja |
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Bizet,Georges: Carmen
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Bizets
„Carmen“ zu inszenieren ist keine leichte Sache: Selten liegen Kitsch und
Kunst, Klischee und Drama so eng beieinander. Für die Neuproduktion in
London hat Francesca Zambello die Handlung der Novelle (um 1820) in die Zeit
der Uraufführung der Oper (1875) verlegt und eine Geschichte über
unterdrückte sexuelle Phantasien erzählt. Ihr Realismus ist konsequent: So
brutal habe ich den Mord in der Schluss-Szene noch nie gesehen.
Schon mit dem ersten Auftritt von Anna Caterina Antonacci fängt die Bühne
Feuer. Ihre Carmen ist eine Frau mit aggressiver Erotik; sie manipuliert
Männer, macht sie zum Objekt. Sie hätte wohl die stimmlichen Mittel, um auch
permanent aggressiv zu klingen, doch sie singt ihren Part sehr kultiviert,
ohne Schreien oder vulgäre Brusttöne. Jonas Kaufmann, der deutsche
Latinlover der Opernszene, ist ein idealer Partner: Sein Portrait betont
die neurotischen Züge des Don José, er identifiziert sich restlos mit der
Figur des Loosers – und bleibt doch, wie seine Partnerin, den musiklischen
Anforderungen nichts schuldig; er singt mit makelloser Technik und gestaltet
mit wunderbaren Zwischentönen.
Mit der engelhaften Micaëla von Norah Amsellem und dem gefährlich
attraktiven Escamillo von Ildebrando d’Arcangelo sind auch die Nebenfiguren
hervorragend besetzt. Antonio Pappano dirigiert Chor und Orchester des Royal
Opera House zupackend, aber auch mit großer Sensibilität in den lyrischen
Passgen. So muss „Carmen“ klingen. |
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