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Neue Zürcher Zeitung, 14.11.2008 |
Th. B. |
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Georges Bizet: Carmen
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Seit
der Schallplattenaufnahme mit Victoria de los Angeles gilt es nicht mehr als
modern, wenn eine Carmen-Interpretin mit Sex-Appeal - und sei es auch nur
vokal - hausieren geht. Francesca Zambellos «Carmen»-Inszenierung am
Londoner Covent Garden Opera House, die nun auf DVD erschienen ist, könnte
da wie ein Rückschritt wirken. Denn Anna Caterina Antonacci kehrt in der
Titelpartie die Ordinäre heraus, die Anmache nicht scheut. Die geradezu
animalische Körperlichkeit der Darstellung verhindert indes den Eindruck von
Konventionalität; zusammen mit Jonas Kaufmann als Don José entfesselt
Anna Caterina Antonacci ein Drama der Leidenschaftlichkeit, das zu packen
vermag. Dass der Naturalismus nicht überbordet, dafür sorgt das
Bühnenbild von Tanya McCallin, dessen Formstrenge ein gleichsam
entschlacktes Bühnen-Spanien erstehen lässt. Auch unter vokalem Aspekt kann
man zufrieden sein mit diesem Mitschnitt. Anna Caterina Antonacci, vor allem
als Interpretin alter Musik bekannt, bringt aus diesem Fach die Klarheit des
Stimmansatzes und der Linienzeichnung mit, die sie mit einem explosiven
vokalen Temperament verbindet. Jonas Kaufmann steigert sich im Verlauf
der Aufführung vom Lyrischen zu eindringlicher Dramatik, die von einem
satten dunklen Timbre grundiert wird. Passgenau besetzt ist auch die
Partie des Escamillo (Ildebrando D'Arcangelo). Der Dirigent Antonio Pappano
am Pult schürt die Spannung: Mit dem hervorragend disponierten Orchester
treibt er das musikalische Geschehen unbarmherzig voran, wobei die Emphase
stets genau kontrolliert wird. |
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