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Tiroler Tageszeitung, 26.04.09 |
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Realität, die tödlich verletzt
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Herausragende Neuaufnahme von Puccinis
"Madama Butterfly" mit / Pappano, Gheorghiu, Kaufmann. |
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Leutnant
Pinkerton ist ein ganz gewöhnlicher amerikanischer Mistkerl. In
kolonialistischer Überheblichkeit heiratet er in Japan die 15-jährige Geisha
Cio Cio San. Er fühlt sich an seinen "Schmetterling" freilich keineswegs
gebunden, kehrt nach Hause zurück und ehelicht dort Kate. Nur der Konsul
Sharpless und Cio Cio Sans Vertraute Suzuki wissen, was er anrichtet.
Butterfly, von der Familie verstoßen und mittellos, hat einen Sohn von ihm
und glaubt unerschütterlich an seine Wiederkehr. Pinkerton kommt mit Kate,
will das Kind holen und ist zu feig, Butterfly zu begegnen. Da hat sie keine
Wahl mehr: "Ehrenvoll sterbe, wer nicht ehrenvoll leben kann."
Das Label EMI entschloss sich endlich wieder zu einer Operngesamtaufnahme
und siegt mit "Madama Butterfly" auf der ganzen Linie. Betörende Töne:
Antonio Pappano führt Orchester und Chor der Accademia di Santa Cecilia
nicht durch den süffigen Schmachtfetzen, als den Puccini-Gegner "Madama
Butterfly" seit je abtun, sondern mit leidenschaftlich starker Hand und
feinster Abstufung durch die Entwicklungsstufen eines Dramas . Er spürt den
Härten der Partitur nach, grundiert nicht, sondern schildert, öffnet die
Seelenräume. Jede Optik wird entbehrlich. Angela Gheorghiu ist großartig als
Cio Cio San. Naiv, aber nicht puppenhaft zu Beginn und dann in zunehmender
Erkenntnis tief verletzt von der Wahrheit ihrem Selbstbetrug. Gheorghiu hat
betörende Töne, gerade in ihrer melancholischen Untröstlichkeit. Jonas
Kaufmann wertet mit seinem dunkel gefärbten Tenor die Partie des Pinkerton
auf, am schönsten und freiesten strömt die Stimme in der Abschiedsszene
("Addio, fiorito asil"). Die klangreiche Suzuki der Enkelejda Shkosa
gestaltet ihr eigenes kleines Drama, gut besetzt auch der Sharpless mit
Fabio Capitanucci.(u.st.). |
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