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Opernwelt, April 2009 |
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Startheater für den Markt
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«Madama Butterfly» mit Angela Gheorghiu und
Jonas Kaufmann
(«I Capuleti e i Montecchi» mit Anna Netrebko und Elina Garanca) |
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In
der stattlichen Diskografie von Puccinis «Madama Butterfly» nehmen die
Produktionen der EMI vordere Plätze ein. Fast unerreicht in ihrem
unsentimentalen, fast schroffen Habitus ist Gianandrea Gavazzenis
Mono-Einspielung von 1954 mit Victoria de los Angeles und Giuseppe di
Stefano. Herbert von Karajans klangsinnlichere Version aus dem folgenden
Jahr, mit Maria Callas und Nicolai Gedda, hat ebenfalls Referenz-Charakter.
1966 setzte Sir John Barbirolli mit Renata Scotto und Carlo Bergonzi für die
Stereo-Ära neue Maßstäbe.
An diesen Vorgängern misst sich selbstbewusst die jüngste Produktion der
Firma, die zum 150. Geburtstag Puccinis in Rom entstanden ist. Statt eine
Aufführung live mitzuschneiden und hinterher technisch zu frisieren, was
heute der Regelfall ist, lässt EMI die große Tradition der Studioaufnahmen
neu aufleben und versucht gleichzeitig die Ära der großen Sänger von damals
heraufzubeschwören. Mit Angela Gheorghiu und Jonas Kaufmann (der hier an die
Stelle von Gheorghius sonst obligatorischem Tenorpartner und Ehemann Roberto
Alagna tritt) hoffte man wohl auch, dem verkaufsträchtigen Gespann Anna
Netrebko und Rolando Villazón (Deutsche Grammophon) Paroli bieten zu können.
Die Rechnung ist aufgegangen, jedenfalls in künstlerischer Hinsicht.
Diese von Antonio Pappano feurig und klangschwelgerisch geleitete Produktion
gehört zu den spannendsten Puccini-Aufnahmen der letzten Jahre. Trotzdem
kommen dem Hörer immer wieder Zweifel, ob er sich im richtigen Stück
befindet: Gheorghiu und Kaufmann haben ihre Partien noch nicht auf der Bühne
gesungen, und das lässt sich, bei aller Bewunderung für ihre
gesangsdarstellerische Intensität, nicht überhören. Die Sopranistin ist
keine 15-jährige japanische Kindfrau, sondern eine ausgereifte, heißblütige
Südländerin, und der Tenor nirgends der coole, arrogante Yankee, sondern ein
temperamentvoller Latin Lover. Die beiden schaukeln sich gegenseitig hoch,
das Duett des ersten Aktes birst vor Sinnlichkeit, und Pappano heizt mit dem
Orchester ordentlich nach.
Gheorghiu spielt souverän den Trumpf ihres dunkel getönten Soprans aus,
riskiert Pathos bis hin zur Überemphase. Altmodisch, aber grandios.
Kaufmann, der sich vom lyrischen zum Spinto-Tenor entwickelt hat, bleibt ihr
dabei nichts schuldig und fordert siegesbewusst die italienische und
lateinamerikanische Konkurrenz heraus. Das lohnt sich zu hören. Wäre aber
nicht «Tosca» viel besser geeignet gewesen für die Demonstration dieser Art
von Puccini-Kompetenz (auch beim Dirigenten)? Die Nebenrollen sind mit Fabio
Capitanucci, Enkelejda Shkosa und Gregory Bonfatti erstklassig besetzt. |
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