Opernglas, September 2015
S. Martens
 
Verdi - Aida

Die Werbung spricht von „der" »Aida« für das neue Jahrtausend, von Roms Glorie, und die vorliegende Aufnahme ist in der Tat auch von durchweg hoher Qualität.

Beginnen muss man einfach mit der phänomenalen Leistung von Jonas Kaufmann, der hier erstmals als Radames zu hören ist. Von prachtvollen Spitzentönen über lyrischen Feinschliff, von herrlichen Pianissimi bis hin zur Muskeln spielen lassender Attacke — es gibt nichts, was der Startenor in dieser Partie nicht könnte. Allein das beinahe bis ins Nichts zurückgenommene Decrescendo des hohen „B" am Ende von »Celeste Aida« dürfte man von einem anderen Tenor (wenn überhaupt) selten so deutlich und sicher zu hören bekommen. Live wird sich Jonas Kaufmann erstmals im September in München in dieser Rolle vorstellen.

Überzeugend und ebenfalls zum ersten Mal in ihrer Partie zu hören ist Anja Harteros als Aida: lyrisch wunderschön, mit zum Dahinschmelzen beseelten Piani, warmen Farben und einer Textverständlichkeit, die ihresgleichen sucht, vermag die deutschgriechische Sopranistin ihre Partie vollends auszukosten. Dennoch bin ich mir nicht sicher, ob die Figur tatsächlich zu einer ihrer Paraderollen werden kann: nicht ganz frei und mit leichter Anstrengung erklingen die vielen dramatischen Höhen. Hier sollte die Sängerin Vorsicht walten lassen und vor der Interpretation auf der Bühne gut in sich hineinhören.

Als Amneris verkörpert Ekaterina Sementschuk mit ihrem dramatischen. höhensicheren und klangvoll-vibrierenden Mezzosopran die alte Schule russischer Gesangskultur, während Ludovic Tier eher als wohltuend ruhiger und stimmschöner denn als grollender äthiopischer Herrscher daherkommt. Lediglich im Rahmen des Triumphmarsches kann er sich vokal nicht ganz über Wasser halten und geht neben den Stimmen von Harteros und Kaufmann sowie dem übrigens grandios vorbereiteten Chor von Ciro Visco schlicht unter.

Was als weitere Luxusbesetzung genannt ist, hört sich auf der CD dann aber doch ernüchternd an: Erwin Schrott als rabenschwarz klingender und sich durch seinen Part orgelnder Ramfis.

Fabelhaft agiert hingegen das Orchester Accademia Nazionale di Santa Cecilia unter der musikalischen Leitung seines Chefdirigenten Antonio Pappano, die gemeinsam Verdis Spätwerk zum Ereignis werden lassen: edel und berauschend im Klang, nuanciert, ausdrucksstark und flexibel in der dynamischen sowie akustischen Gestaltung — einfach mitreißend und packend im Gesamteindruck. Diese Aufnahme ist ab dem 2. Oktober im Handel erhältlich.






 
 
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