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Rondomagazin, 25.8.2006 |
Michael Wersin |
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Richard Strauss - Lieder
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Jonas Kaufmann, Helmut Deutsch
harmonia mundi HMC 901879 (69 Min., aufgenommen 5/2005) |
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Der
Tenor Jonas Kaufmann machte wohl eine der erstaunlichsten stimmlichen
Entwicklungen durch, die in unseren Tagen zu beobachten waren: Im Studium
und auch darüber hinaus ein in puncto Stimmtechnik und Fach in ganz anderen
Regionen als den später beschrittenen Suchender, lernte er (so gab er im
Interview zu Protokoll) mehr und mehr so zu singen, wie es der eigenen
Erfahrung nach seinem Material entspricht - teils deutlich entgegen dem Rat
von Gesangslehrern. Heraus kam eine Stimme, die mit der einstigen kaum noch
irgendetwas gemein hatte. Kaufmann verfügt heute über eine gut im Körper
verankerte, atemberaubend kraftvoll-metallische, extrem fokussierte, beinahe
heldische Stimme mit unverwechselbarem Timbre. Für die u. a. auf vokale
Effekte zielenden und die intensive Ausgestaltung großer Bögen fordernden
Lieder von Richard Strauss erweist sie sich damit als gut geeignet,
wenngleich Kaufmanns Strauss noch einmal ein ganz anderer ist als derjenige
des materialmäßig ja auch nicht eben gering ausgestatteten Hermann Prey:
Letzterer brilliert - im derzeit vergriffenen Studiorezital mit Sawallisch
und im Salzburger Liederabend immer wieder auch mit irisierenden Kopftönen,
die einen wohltuenden Kontrast zu mitreißenden Höhepunkten im Forte bieten.
Kaufmann hingegen, der im oberen Lautstärkebereich noch eindrucksvoller,
gelegentlich gar erdbebenartig zu agieren versteht, zahlt den Tribut für
sein sicher nicht immer ohne Kraftanwendung an bedenklicher Stelle erzeugtes
Metall in ebenjenen Pianopassagen, die dann leichte Nebengeräusche hören
lassen. Gelingt es dem Hörer jedoch, die Sorgen um dieses herrliche Material
zurückzustellen - was nicht ganz einfach ist, denn auch im oberen
Belastungsbereich (hohe Lage im Fortissimo) gemahnt Kaufmanns
bedingungsloser Einsatz immer wieder an die Vergänglichkeit von Stimmbändern
-, dann kann er dieses außergewöhnliche Strauss-Rezital, das im Wesentlichen
die bekannten Schlager und daneben eher weniger Unbekanntes bietet, durchaus
genießen, denn hier wird gesungen, gesungen, gesungen. |
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